„Wir haben noch so viel Entwicklungspotential“ – Mitarbeiter Matthias im Interview
Matthias Groeneveld setzt sich in seinen Bürostuhl und lehnt sich zurück. Obwohl er erst 11 Uhr ist, hat er schon drei Stunden Arbeit hinter sich. Endlich Zeit für das buntkicker-Interview, das ihr hier in voller Länge lesen könnt:
buntkicker: Matthias, die Sommersaison ist vorbei, bald geht es wieder in die Halle. Freust Du Dich auf den Winter?
Matthias: Die Wintersaison ist etwas entspannter, weil sie länger dauert. Der Spielbetrieb startet draußen und wird dann ab November in die Halle verlegt. Diese Kombination aus Outdoor und Indoor ist das Spannende an der Wintersaison. Schade ist sicherlich, dass wir dadurch nicht mehr in allen Stadtteilen gleich stark präsent sind.
buntkicker: Wie viel Zeit beansprucht die Vorbereitung der Wintersaison?
Matthias: Für die Vorbereitung haben wir eine große Planungswoche, in der die Spieltage draußen wie drinnen abgestimmt werden, bis man ein flexibles Skelett hat, in dem alles ausgeglichen ist. Im Klartext: In jedem Stadtteil findet ein Spieltag statt und jede Mannschaft ist Gastgeber eines Spieltages. Solange wir eben draußen spielen.
buntkicker: Neben den Spieltagen gibt es weitere Angebote von buntkicktgut für die Jugendlichen. Wie sehen diese aus?
Matthias: Wir veranstalten Feriencamps wie „buntkochtgut“ oder „buntlerntgut“. Dabei lernen die Jugendlichen neben Fußball auch etwas über Ernährung und Fitnessgrundlagen. „buntlerntgut“ ist schulisch ausgerichtet, kombiniert Deutschunterricht mit Fußball. Daneben organisieren und unterstützen wir auch Turniere für Gymnasien, Firmen, soziale Einrichtungen oder Partner – wie zum Beispiel den Playstation Cup oder die buntkicktgut-open in Zusammenarbeit mit der HypoVereinsbank auf dem Corso Leopold in München.
buntkicker: Welche Aufgaben haben Deine Mitarbeiter rund um die Spieltage in der interkulturellen Straßenfußball-Liga?
Matthias: Wir haben bei buntkicktgut im Prinzip drei große Säulen. Der Kern von allem ist der Ligabetrieb. Der ist nach Altersklassen sortiert mit jeweils einem zuständigen Mitarbeiter für jede Altersklasse – also die U11, U13, U15, U17 und Ü17 sowie die Ladies. Dazu gibt es Meetings, in denen sich die Ligaverantwortlichen untereinander absprechen. Dann haben wir den großen Bereich Partizipation. Da sind die Jugendlichen gefragt, wirken direkt und aktiv mit als Schiedsrichter, im Liga-Rat oder in der Redaktion unseres Magazins „buntkicker“.
Die dritte Säule ist die lokale Arbeit in den Stadtteilen, genannt
StreetFootballWork und SchoolFootballWork. Da gibt es jeweils einen Mitarbeiter, der sich vor Ort um die Jugendlichen kümmert. Begrüßung, Höflichkeit, Respekt, auch Organisationsfähigkeit sind hier ganz wichtig, um auch neben dem Platz ein gutes Zusammenspiel zu entwickeln. Und schließlich gibt es noch das buntkicktgut-Kernteam, das die Jugendlichen in ihren Aufgabenbereichen unterstützt: Sokol als Zuständiger für den Partizipationsbereich und Street Football Work. Ich bin für den Ligabetrieb, die Personalplanung und Events zuständig. Und Rudi ist der Kopf unseres Teams.
buntkicker: Neben München lässt buntkicktgut auch in Städten wie Dortmund, Berlin oder Würzburg das runde Leder rollen. Kann man da nicht schnell den Überblick verlieren?
Matthias: Nein. Wir haben zwar im Moment ein großes Wachstum, was uns vor neue Herausforderungen stellt, aber genau das gibt uns Kraft und Motivation. Wir wachsen mit unseren Kindern, befinden uns mit den Jungs und Mädels auf Augenhöhe – das ist und bleibt eine ganz wichtige Basis. Genauso wie unsere Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, aus der buntkicktgut vor über 18 Jahren entstand. Mittlerweile können wir unseren Jugendlichen sogar Ausbildungsplätze bei uns anbieten. Das macht uns froh und stolz.
buntkicker: Arbeiten auch Ehrenamtliche für buntkicktgut?
Matthias: Das Einbinden von Ehrenamtlichen müssen wir noch stärker betreiben. Denn Arbeit und Aufgaben gibt es genug. Uns fehlt dafür nur allzu oft die Zeit während des Liga-Alltags. Aber wir freuen uns über jeden freiwilligen Helfer. Wie übrigens auch bei den Schiedsrichtern. Ein paar „alte Hasen“ mussten wegen Ausbildung und persönlichen Verpflichtungen gehen, da brauchen wir wieder Verstärkung.
buntkicker: Wie sehen in diesem Jahr Deine persönlichen buntkicktgut-Highlights aus?
Matthias: Die beiden Festivals auf der Leopoldstraße, auch das Sommerfest zum Saisonfinale bei uns in der Feuerwache im Westend mit „Players Party“. Und Kleinigkeiten, wenn die Kids beispielsweise in der Schule einen super Quali schreiben und davon mit strahlenden Augen erzählen. Auch das StreetFootballWork-Quartier am Partnachplatz läuft bestens.
buntkicker: Wer unterstützt Dich in Deinem Arbeitsalltag?
Matthias: Neben dem Kernteam haben wir auch Praktikanten – wie die Melli, die für mich bei den buntkicktgut-open eine große Entlastung war. Auch unsere Azubis Oussman und Ismail übernehmen immer mehr Verantwortung, arbeiten super mit im Büro, bei den Spieltagen und auf der Straße als StreetFootballWorker.
buntkicker: Wie hast Du bei buntkicktgut angefangen?
Matthias: Früher hatte ich selbst ein StreetFootballWork-Quartier am Westpark. Ich habe dort zuerst eine gemischte und danach eine reine Mädels-Mannschaft trainiert. Das ist schon schade, dass das nicht mehr in meinem Aufgabenbereich liegt. Dieser direkte Kontakt zu den Jungs und Mädels, auch teilweise zu den Eltern und Geschwistern, ist schon etwas ganz Besonderes, stellt dich immer wieder gerade pädagogisch vor neue Herausforderungen.
buntkicker: Gibt es für Dich ein Leben neben buntkicktgut?
Matthias: Ich bin relativ frei in meiner Zeiteinteilung, erledige meine Arbeit am Tag, sodass ich am späten Nachmittag zu meiner Frau und unseren Kindern kann. Das ist mir sehr wichtig. Notfalls arbeite ich auch nachts von Zuhause aus. Ansonsten bin ich begeisterter Bayern-Fan und auch in der Schickeria (Ultrabewegung des FC Bayern/Anm. d. Red.) aktiv. Bei der Schickeria machen wir auch eine Menge soziale und antirassistische Arbeit.
buntkicker: Welche neuen Projekte warten auf buntkicktgut in Zukunft?
Matthias: Ich fände es spannend, mit buntkicktgut in Ostdeutschland zu arbeiten, wo es weniger Integrationsprobleme gibt, sondern mehr Rechtsradikalismus. Im Grunde sind Identifikation, Auseinandersetzen mit seiner Umwelt, Gewaltfreiheit und Respekt ja immer wichtig, sowohl bei Flüchtlingen wie auch bei Jugendlichen, die in rechtsradikales Gedankengut abschweifen. Wir müssen dagegen einfach eine attraktivere Alternative anbieten, Identitäten schaffen – denn genau so etwas suchen die jungen Leute. Ansonsten wäre es wichtig, sich noch tiefer in der Münchner Subkultur zu verankern. Ich träume von Events in Musikclubs wie dem Backstage – mit Panna K.O.-Turnieren, Live-DJs, Tanzen und Konzerten. Hauptsache, der Ball rollt und alle haben Spaß.
Das ganze Interview gibt es auf buntkicker.de: Klickt euch durch und erfahrt, was Matthias noch über Streetfootzballwork, den FC Bayern und sein buntkicktgut-Team sagt!